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Normandie zur Nebensaison, lohnt es sich ?

Tipps für deinen Aufenthalt in Nordfrankreich

Spätestens Ende September, wenn in Deutschland vielerorts die Temperaturen beginnen zu sinken, zieht es die meisten von uns ins warme Spanien oder nach Portugal. Noch einmal nach Italien, oder Kroatien, den Sommer ein bisschen verlängern, um so genügend Kraft und Sonne für den bevorstehenden Winter zu tanken. Kaum einer denkt daran, zu dieser Jahreszeit an die doch eher raue Küste Nordfrankreichs zu reisen. Doch genau dieser Gedanke bringt einige Vorteile mit sich. Im folgenden Artikel nehme ich euch mit auf meine spannende Reise in die Normandie zur Nebensaison.

Die Stadt Calais in Nordfrankreich

Der Namen klingt für viele nach Fährhafen und Pflichtaufenthalt – immerhin stellt die Hafenstadt am Ärmelkanal die Hauptverbindung nach Großbritannien dar. Doch wer hier einen Tag verbringt merkt schnell: die charmante Stadt hat mehr zu bieten als LKWs und Schiffscontainer. Calais wurde im zweiten Weltkrieg stark zerstört – daher wirkt die Architektur an manchen Stellen weniger „verspielt französisch“ und mehr funktional nach Wiederaufbau – doch wer hier genau hinsieht, merkt schnell: Calais ist eine Stadt die atmet und lebt. In den letzten Jahren entwickelte sich eine Streetart Szene die lebendig und ehrlich ist – genau wie die Stadt selbst. Die besten Spots findet ihr auf einem Spaziergang zwischen dem Zentrum und dem Hafenviertel. Mach dich zu Fuß auf den Weg zur Strandpromenade, vorbei am Leuchtturm Phare de Calais, du wirst erstaunt sein, denn hinter jeder Ecke wartet ein anderes Motiv auf dich.

Wanderung über dem Eurotunnel am Cap Blanc-Nez

Das südlich von Calais gelegene Cap Blanc-Naz, was auf deutsch so viel wie „die weiße Nase“ bedeutet, gilt als einer der schönsten Aussichtspunkte der Opalküste. Beginnt eure Wanderung am großen Besucherparkplatz Dover Patrol an der Küste und folgt dem Wanderweg, der euch abwechselnd auf Stufen und wenig steilen Abschnitten zum Denkmal der Dover Patrol führt. Das Monument erinnert an die britischen und französischen Seestreitkräfte während des Ersten Weltkrieges. Von dort bietet sich eine beeindruckende Sicht über den Ärmelkanal, die Kreidefelsen der Küste, den Schiffsverkehr zwischen Calais und Dover und bei klarem Wetter könnt ihr sogar bis Großbritannien sehen. Es gibt natürlich keine direkte Aussicht auf den Eurotunnel, da dieser unterirdisch verläuft, doch der Standpunkt am Cap Blanc Nez bietet eine interessante Sicht über die Meerenge zwischen den beiden Ländern, durch die der Tunnel führt. Insgesamt wandert ihr durch ein Naturjuwel aus felsigen Klippen und unberührter Heidelandschaft, das für unzählige Vogelarten Lebensraum bietet.

Wanderung an den Schluchten von Ailly

Start der Wanderung ist der Parkplatz, direkt am Meer an der „Plage du Petit Ailly“. Bei Ebbe kommt ein breiter Sandstrand zum Vorschein, den die ansässigen Fischer gerne nutzen. Umrahmt von schimmernden Kreidefelsen, ist die raue Küste der nahegelegenen Stadt Dieppe, Ziel zahlreicher Wanderer, Fotografen und Naturliebhaber. Wen wundert es, der bekannte Zeichner Monet holte sich bereits 1897 Inspiration, durch die besondere Lichtstimmung dieses Küstenabschnittes, und hinterließ so einige seiner bedeutendsten Werke. Von dort aus wandert ihr in Richtung „Gorge des Moutiers“ durch kleine Waldabschnitte. Zwischendurch habt ihr immer wieder wundervolle Ausblicke aufs offene Meer. Zurück geht es durch den charmanten Ort Varengeville-sur-Mer, der mit seinen romantisch verspielten Häusern und den von Hortensien gesäumten Straßen zum Entdecken und Träumen einlädt.

Der Markt von Dieppe

Dieppe ist ein kleines Hafenstädtchen an der Alabasterküste. Nicht nur für die dramatischen Klippen bekannt, sondern vor allem für seine reiche kulinarische Tradition. Früh aufstehen lohnt sich – der Samstagsmarkt von Dieppe, der sich durch die komplette Altstadt zieht, wurde 2020 zum schönsten Markt der Normandie gekürt. Neben Fisch und Meeresfrüchten sind vor allem Käse und Cidre, der leicht herbe Apfelwein der Region zentrale Elemente der normannischen Küche. Auch alle Freunde der süßen Desserts, zu denen definitiv auch ich gehöre, kommen hier voll auf ihre kosten. Neben frischen französischen Crêpes locken an jeder Ecke die traditionellen Patisserie Kunstwerke.

Wanderung entlang der Klippen von Ètretat

Wer kennt sie nicht ? Absolutes Highlight der Normandie: die Klippen von Ètretat. Zuerst einmal vorweg: der Ort selbst ist natürlich – wie überall an bekannten Orten, wahnsinnig touristisch geprägt. Für alle, die dennoch eine eher ruhige Wanderung entlang der bekannten Klippen suchen, ist es empfehlenswert erst einmal knapp 5 km abseits des Trubels zu parken. Macht euch mit den verschiedenen Möglichkeiten in der Umgebung über Google Maps vertraut. Damit die Wege weiterhin für Naturliebhaber ein genussvolles Wandererlebnis bleiben, habe ich mich hier dazu entschieden keine genaueren Angaben zu den Parkmöglichkeiten zu geben. Nur soviel: die Anwohner sowie die Stadt haben sich offensichtlich gut mit der Situation des Massentourismus arrangiert, und bieten verschiedene Stellplätze auf vorhandenen landwirtschaftlichen Nutzflächen an. Die ersten zwei bis drei Kilometer entlang der Küste habt ihr weitestgehend für euch – und was soll ich sagen ? Nicht ohne Grund zieht die Küste von Ètretat jährlich rund 1,5 Millionen Menschen aus aller Welt in ihren Bann. Für mich ist Etretat einer der Orte dieser Welt, der sich – einmal gesehen – für immer ins Auge brennt. Eine Magie, die man kein zweites oder drittes mal bereisen will um sie nicht zu zerstören. Wer kennts ?

Den UNESCO Welterbe Titel hat der atemberaubende Küstenabschnitt dennoch nie bekommen, im Gegenteil: Die Küstenregion kämpft mit fortschreitender Erosion, was zu häufigen Felsbrüchen führt. Daher bitte nie zu nahe an die Kanten der Klippen wandern, auch nicht nur kurz, um das beste Foto für Social Media zu ergattern. Haltet euch bitte an die Warnhinweise und helft so mit dieses wunderbare Fleckchen Erde so lange wie möglich zu erhalten.

Vules-les-Roses, eines der schönsten Dörfer Frankreichs

Etwa 12 Kilometer südwestlich von Dieppe, liegt das kleine Küstendorf Vules-les-Roses. Zugegeben, mit seinen rund 500 Einwohnern, ein eher überschaubarer kleiner Ort, dennoch sollte er auf keiner Reise in die Normandie fehlen. Auf einem Spaziergang durch die Gassen des Dorfes erlebt ihr Frankreich mit Haut und Haar. Blumengesäumte Straßen, Mühlen, Fachwerk, Reetdächer und überall dieser ganz besondere Charme. Mein Tipp: besucht das kleine Dorf am frühen Vormittag – und ihr habt bei schönem Wetter, dieses zauberhafte morgendliche Licht. Die ersten Cafés öffnen gerade, es duftet herrlich nach frischen Backwaren, und ihr habt die kleinen Straßen noch für euch ganz allein.

Wanderung von Laye nach La Hague

Einen meiner schönsten Tage dieser Reise, verbrachte ich auf folgender Wanderung: am Küstenabschnitt von Laye nach la Hague. Warum? Zum einen war sie sehr einsam und ist ein echter Geheimtipp – zum anderen zeigte sich die Normandie, sonst bekannt durch ihre steilen Kreidefelsen von einer ganz anderen Seite. Folgt dem gut ausgeschilderten Küstenweg und ihr habt durchgehend einen fantastischen Blick aufs Meer. Einkehrtipp ist das kleine, aber sehr exquisite Restaurant Auberge des Gottes. Wie aus dem Nichts, taucht es vor euch auf – und lädt bei dem rauen Wetter der Küste in die warme Stube ein.

La Mont Saint Michel

Unzählige gläubige Christen träumen von einer Pilgerreise zum Mont Saint Michel. Historisch gesehen, ist die Abtei neben Rom und Santiago de Compostela einer der wichtigsten Pilgerorte Europas. Seit fast 1000 Jahren durchqueren Pilger Europa, um das berühmte Heiligtum zu erreichen. Die Insel, die nach dem Erzengel Michael benannt ist, liegt mitten im Wattenmeer, ist etwa einen Kilometer vom Festland entfernt, umfasst eine kleine Gemeinde, dessen Herzstück die Abtei, an der Spitze thront. Auch auf meiner Reise dufte dieses historische Bauwerk nicht fehlen. Mein Tipp: Früh, früh, früh. Früh aufstehen, früh da sein, früh los laufen und noch bei Sonnenaufgang ankommen. Schon allein deshalb lohnt sich ein Besuch zur Nebensaison. Nutzt die Zeit, und lasst euch eine Besichtigung der Abtei auf keinen Fall entgehen. Danach könnt ihr in aller Ruhe (noch!) durch die romantischen Gassen der Stadt bummeln, um rechtzeitig vor dem großen Ansturm zu fliehen. Ihr wisst bereits, ich versuche touristisch stark frequentierte Orte oft zu meiden. Dennoch habe ich meinen Besuch auf keinen Fall bereut.

Abschließend kann ich nur jedem, der den späten Sommer oder Herbst nicht unbedingt ins Warme will empfehlen, sich die Küsten Frankreichs genauer unter die Lupe zu nehmen. Allein um bekannte Orte zu besuchen, abseits des großen Rummels eignet sich die Nebensaison fantastisch. Klar ihr habt auch mal rauere Tage, mit einigen Regenstunden, aber nach Regen kommt meist auch wieder Sonnenschein. 😉